Erwartungen
Erwartungen an männliche Fachkräfte in Kitas
Auch wenn wir jetzt schon fast drei Jahre im Modellprogramm „MEHR Männer in Kitas“ arbeiten, fällt es uns immer noch schwer, auf die Frage „Warum sind Männer eigentlich wichtig für die Kita?“ zu antworten. Klar wollen wir, dass auch Männer sich an der Bildung und Erziehung von Kindern beteiligen - und ja, wir sind für Geschlechterdemokratie in Kitas. Klar wollen wir, dass Kinder von den Kompetenzen und Ressourcen, die Männer mitbringen, profitieren – und ja, Kinder haben ein Recht darauf, von Anfang an auch von Männern betreut und begleitet zu werden. Aber was ist eigentlich das Spezifische, das Männer mitbringen in die pädagogische Arbeit?
In den Interviews mit Eltern und Erzieher_innen von insgesamt 6 Berliner Kinderläden bestätigten sich viele der Erwartungen an männliche Erzieher, die auch in der öffentlichen Debatte rund um das Thema ‚MEHR Männer in Kitas‘ eine Rolle spielen. Einige wollen wir hier kurz benennen und mit entsprechenden Auszügen aus den Gesprächen veranschaulichen.
Jungen, vor allem von alleinerziehenden Müttern, brauchen männliche Vorbilder. Jungen können keine ‚richtigen‘ Männer werden ohne männliche Vorbilder.
„Also es ist für mich ganz klar, dass Jungs einfach auch ein männliches Vorbild brauchen in ihrem Leben. Und das kann einfach nur ein Mann sein; ist einfach so. Und insofern ist es auch wichtig, dass die einfach sehen: Was hat ein Mann für ein Lebenskonzept? Wie gibt der sich? Wie ist der? Und ja, dass man da einfach Erfahrung sammelt als heranwachsender Junge.“ (Vater)
„Bei Kindern, die eben zuhause keinen Vater haben, merke ich, wie sehr die das hier brauchen, sich auch mal mit nem Mann zu vergleichen. Und das Rollenbild auch so vorgelebt zu bekommen: Wie macht’s der Mann? Ich finde, in jede Gruppe gehört eigentlich ein Mann.“ (Erzieherin)
Kinder erleben die Zusammenarbeit von Männern und Frauen. Kinder brauchen die Unterschiedlichkeit - wie im richtigen Leben.
„Ich meine, Männer und Frauen sind irgendwo unterschiedlich, keiner ist besser oder schlechter oder sollte besser oder schlechter gestellt werden, und es ist wichtig, das irgendwie in Einklang zu bringen. Kinder sollten auch einfach mal erleben, wie man zum Beispiel eine Beziehung zwischen Mann und Frau führt. Wenn sie das nie erleben, wenn sie nur mit Frauen zusammen sind, dann sehen sie ja nie, wie dieser Kontakt funktioniert; wie man vielleicht auch diese Unterschiede überbrückt; wie man die vielleicht sogar positiv nutzt. Das müssen sie ja irgendwie sehen, da brauchen sie ja Vorbilder, das lernen sie ja nicht von alleine.“ (Erzieher)
„Ich finde es auch sehr schön, weil wir in jedem Team Männer haben. Das ist inzwischen ja ganz gut. Und für die Kinder ist es echt super, weil sie dann einfach beides haben und sehen, wie Mann und Frau respektvoll miteinander in Beziehung gehen und irgendwie eine Wertschätzung vorhanden ist. Und bei manchen Kindern ist es leider so, dass Männer oft fehlen und nicht so präsent sind. Umso wichtiger, finde ich, ist es einfach, dass beides im Kinderladen-Alltag vorhanden ist.“ (Erzieherin)
Männer verstehen aufgrund ihrer Sozialisation Jungen besser. Sie sind ja schließlich auch Männer!
„Ich habe eine Fortbildung gemacht, da ging’s gar nicht so wahnsinnig ums Geschlechterspezifische, aber da meinten natürlich auch die Erzieherinnen: „Ja, Werkbank kann ich genauso gut.“ Und das war eben halt auch eine, die’s drauf hat, gar keine Frage, kann die auch genauso gut, vielleicht sogar besser. Aber ich glaube fest dran, dass die Jungs mich da noch mehr brauchen, um einerseits die Jungs zu mobilisieren und damit sie überhaupt an die Werkbank gehen. Also klar kann die Erzieherin diese Werkarbeit auch mit denen machen. Vielleicht sogar viel besser im Resultat. Aber ich gehe da anders mit um und habe da auch andere Ideen. Weil ich auch ein Junge bin, weiß ich schon eher, was die Jungs interessiert und kann das daher auch besser umsetzen. Also das ist meine Erfahrung, dass ich anders damit umgehe.“ (Erzieher)
„Nein, aufgesetzt war es nicht. Ich tobe gerne mit den Kindern. Ja, das mache ich wirklich gerne. Aber trotzdem ist es was anderes. Die Kinder sind da bei mir auch noch zurückhaltender. Da geht es nicht darum, Kräfte zu messen, sondern da geht es ums Toben, mit mir da in Kontakt zu kommen, aber eben auch nicht zu gucken: ‚Ich bin ein Junge, ich werde mal ein Mann, wie fühlt sich das an? Und da ist ein Mann und da kann ich mich messen.‘ Diese Qualität hat es mit mir nicht.“ (Erzieherin)
Männer bringen etwas Neues/Andersartiges in die Arbeit mit den Kindern und dem Kita-Team.
„Ich find’s super. Weil einfach noch mal eine andere Sichtweise und eine andere Meinung mit rein kommt. Es hört sich immer so doof an, wenn ich sage: Männer fühlen anders. Aber ich erlebe es einfach trotzdem. Wobei ich da auch vordergründig erstmal denke, [dass] er eine andere Person ist und nicht, dass er ein anderes Geschlecht hat. Aber er bringt hier einfach noch mal frischen Wind mit rein.“ (Erzieherin)
„Ich finde, allein wie die losgehen, das wirkt manchmal so, als ob die nicht alles dabei haben. Die haben auf jeden Fall schon mal die Bahn verpasst und haben schon viel weniger Zeit im Wald. Die sind irgendwie, ja, langsam unterwegs. Die checken auch nicht sofort, dass es jetzt zugezogen ist und die Kinder sich doch mal die Jacken anziehen sollten oder so ne Geschichten, weißt du. Aber es holt sich niemand ne fiese Lungenentzündung und es hat sich auch noch keiner gehetzt gefühlt von den Kindern am Waldtag, weil sie dann im Wald selbst weniger Zeit haben. Wahrscheinlich fühlen sie sich eher von uns gehetzt, wenn wir jetzt unbedingt die Bahn schaffen wollen, damit wir länger im Wald sein können. Möglicherweise ist es mit den Männern viel entspannter.“ (Erzieherin)